Robert und Clara Schumann in Düsseldorf

Als Robert Schumann 1850 auf Vermittlung seines Freundes Ferdinand Hiller die Anstellung als Musikdirektor des Allgemeinen Musikvereins in Düsseldorf bekam, war dies für ihn ein Glücksfall. Schließlich brachte die Position ein festes Jahresgehalt von 700 Talern mit sich, was für die zu diesem Zeitpunkt siebenköpfige Familie größere finanzielle Sicherheit bedeutete als zuvor. Als die Schumanns am 2. September in Düsseldorf eintrafen, wurden sie von den Musikfreunden der Stadt begeistert empfangen, die glücklich und stolz waren, den berühmten Komponisten und damit zugleich seine international erfolgreiche Frau für die Stadt gewonnen zu haben.

Robert Schumann: Titelblatt der Dritten Symphonie op. 97 mit handschriftlicher Widmung für Franz Liszt
Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf

Die erste Zeit, die Clara und Robert Schumann an ihrem neuen Wohnort verbrachten, war eine glückliche. Sie hatten einen großen Freundeskreis, der aus Düsseldorfer Künstlern und angesehenen, kulturinteressierten Bürgern bestand, die Arbeit mit dem Chor und dem Orchester verlief gut, und das Ehepaar unternahm ausgedehnte Reisen. In seiner Düsseldorfer Zeit komponierte Robert zahlreiche Werke, von denen etwa das Violoncellokonzert und die 3. Symphonie, die „Rheinische“, Berühmtheit erlangten. Zu den Belastungen des Alltags hingegen zählten die mehrfachen Umzüge der Schumanns. Erst im Herbst 1852 fanden sie in der Bilker Straße 15 endlich eine für sie geeignete Wohnung.

Nach etwa einem Jahr begannen sich erste Konflikte zwischen Robert Schumann und dem Allgemeinen Musikverein abzuzeichnen: Das Orchester, das immer wieder aufs Neue aus Laien-, Berufs- und Militärmusikern zusammengestellt werden musste, konnte Schumanns Wünschen auf Dauer ebenso wenig gerecht werden wie der Laienchor des Gesangvereins. Dessen Mitglieder beklagten sich ihrerseits darüber, dass Schumann während der Proben vom Pult aus dirigierte und nicht, wie sie es gewohnt waren, am Klavier sitzend. Darüber hinaus wurden seine leise gesprochenen Anweisungen und seine Takteinsätze als uneindeutig empfunden. Auch Clara Schumann, die während der Proben oft am Klavier saß, bemerkte die zunehmenden Schwierigkeiten und äußerte sich verärgert über die Leistungen der Mitwirkenden und die Probendisziplin. Auf längere Sicht wollte der künstlerische Anspruch der Schumanns mit der Wirklichkeit des musikalischen Alltags in Düsseldorf nicht zusammenpassen.

Nach und nach kam es zu einer Verschlimmerung von Schumanns Krankheit, über die in der Forschungsliteratur viel diskutiert worden ist und die der Komponist selbst als Nervenschwäche bezeichnet hat. Symptome wie Angstzustände, Nervosität, akustische Halluzinationen und eine Beeinträchtigung seines Gehörs belasteten das Familienleben und auch seine Arbeit mit dem Chor und dem Orchester. Im Dezember 1852 verfassten drei Mitglieder der Direktion des Gesangvereins eigenmächtig einen Brief, in welchem sie Schumann im Prinzip aufforderten, seine Dirigententätigkeit niederzulegen. Nach empörten Reaktionen von ihm und seiner Frau konnten die Wogen zwar vorübergehend geglättet werden, doch spitzten sich die Konflikte während des folgenden Jahres weiter zu, was dazu führte, dass Schumann im November 1853 zum Oktober 1854 seine Kündigung einreichte.

Kurz zuvor war es noch zu einer für das Ehepaar sehr erfreuliche Begegnung gekommen: Im September 1853 hatte sich der erst zwanzigjährige Johannes Brahms bei den Schumanns vorgestellt, die von seinen Fähigkeiten als Komponist und Pianist außerordentlich beeindruckt waren. In seiner Begeisterung verfasste Robert Schumann den berühmt geworden Artikel „Neue Bahnen“ in der „Neuen Zeitschrift für Musik“, in welchem er Brahms als „junges Blut, an dessen Wiege Grazien und Helden Wache hielten“ und „starken Streiter“ pries.

Clara Schumann: Romanze in Des-Dur für Violine und Klavier op. 22,1
Reinschrift mit Widmung: „Herrn Joseph v. Wasielewski zu freundschaftlicher Erinnerung an Clara Schumann. Düsseldorf im July 1853“
Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf

Die Verschlechterung von Robert Schumanns Gesundheitszustand gipfelte in jenem tragischen Vorfall, über dessen Hintergründe zahlreiche Fachleute spekuliert haben, die jedoch letzten Endes im Dunkeln bleiben müssen: Am 27. Februar 1854 verließ der Komponist bei eisiger Kälte seine Wohnung und stürzte sich in den Rhein. Er wurde gerettet und wenige Tage später in eine Privatanstalt nach Endenich bei Bonn gebracht. Für Clara Schumann waren die folgenden zwei Jahre von Kummer und Ungewissheit geprägt. Um für ihre inzwischen sieben Kinder – der letzte Sohn Felix wurde wenige Monate nach Roberts Unterbringung in Endenich geboren – sorgen zu können, unternahm sie mehrere Tourneen. In dieser Zeit wurde sie von vielen Freunden und besonders von Johannes Brahms unterstützt, der sich in ihrer Abwesenheit liebevoll um die Kinder kümmerte.

Während seiner zwei letzten Jahre in Endenich verschlechterte sich Robert Schumanns gesundheitlicher Zustand immer weiter. Brahms und andere Freunde besuchten ihn oft, Clara hingegen sah ihn erst wenige Tage von seinem Tod ein letztes Mal. Nachdem Robert Schumann am 23. Juli 1856 gestorben war, blieb seine Witwe noch ein Jahr in Düsseldorf, bis sie schließlich im September 1857 mit ihren beiden jüngsten Kindern nach Berlin ging; die fünf älteren wurden in verschiedenen Städten untergebracht. Mit Johannes Brahms verband Clara bis zu ihrem Tod am 20. Mai 1896 eine enge Freundschaft. Ihre letzte Ruhestätte fand sie neben ihrem Mann auf dem Alten Friedhof in Bonn.

Text: Dr. Nina Sträter